Besuche beim koreanischen Gynäkologen
Disclaimer: Liebe
männlichen Leser, dieser Post ist nicht von Interesse für Euch. Und wenn doch,
habt ihr vielleicht das falsche Studienfach belegt. ;)
Der geliehene Wickelrock
Das weibliche Timing ist
immer brillant. Vor allem jedoch das des weiblichsten Teils von uns, die
Ladies verstehen schon was ich meine. Um dem Ganzen ein wenig den Riegel
vorzuschieben, hab ich mich eines schönen koreanischen Morgens dazu
entschlossen, wieder mit der Pilleneinnahme zu beginnen. Jetzt kommt der erste
Knüller:
Viele Sorten der Anti-Baby-Pille kriegt man in Korea
ohne Rezept, und das auch noch sehr günstig! Darüber hatte ich mich vorher im
Internet informiert, hab mir die notwendigen Vokabeln zurechtgelegt und bin ich
die nächste 약국 gestiefelt.
Zu meiner Überraschung hatte
sie auch die Pille auf Lager, die ich früher in Deutschland zu nehmen pflegte, allerdings zu einem weniger verlockenden Preis von 25,000 Won pro Monat
UND rezeptpflichtig (wo genau da die Grenze gezogen wird, kann ich nicht genau
sagen, aber es muss wohl mit der Dosierung zu tun haben). Jedenfalls habe ich
abgewunken und nach etwas Billigerem ohne Rezept gefragt und bin schließlich
bei Mercilon aus Irland gelandet, welche die beliebteste Pille bei den
Koreanerinnen ist. „Wird schon schief gehen“ und gekauft. Bei 7,500 Won fackelt
man nun einmal nicht lange.
Hätte ich aber mal
lieber. Denn wie so oft, und darauf hätte mich jeder Allgemeinarzt oder
Gynäkologe hingewiesen, wenn ich in der Praxis um ein anderes Rezept gebeten
hätte, kam es zu einem Balance-Verlust im Milieu ihr wisst schon wo und ich
hatte keine 4 Tage nach Beginn der Einnahme starke Beschwerden. (Das sind keine Nebenwirkung einer „schlechten“ Pille,
sondern ein Krankheitsbild, welches aus dem Wechsel der Dosierung heraus
entstand.)
Also habe ich wieder
recherchiert und nach reichlichem Zögern bin ich ohne Termin zu einer Gynäkologischen Klinik in Hannam-dong gefahren, welche mit ihrer großen internationalen Kundschaft und Ausrichtung
wirbt.
Nun ist manchen von euch
vielleicht bewusst, dass junge Koreanerinnen nicht wie wir Deutschen mit Mama im
frühpubertären Alter für erste Erfahrungen mit in die Praxis gehen, um sich das
mal anzusehen (so wurde jedenfalls ich an die Sache herangeführt.)
Jugend-Checkup und frühe Krebsvorsorge sind auch Fremdwörter, das erste Mal in
der Gyn tritt für die meisten Koreanerinnen mit akutem Kinderwunsch,
langfristiger Verhütung, einer Erkrankung wie meiner oder eben Schwangerschaft
auf.
Dementsprechend war ich
also auf Blicke gefasst, die irgendwo zwischen interessiert und empört
rangieren. Doch ich musste feststellen, dass die meisten Patientinnen viel zu
sehr damit beschäftigt waren, sich möglichst unauffällig zu verhalten. Ganz
anders die Ausländerinnen, die samt Sohn 1, 2 und 3 und missmutigem Ehemann im
Schlepptau durch die Tür platzten und "Merry Christmas" gröhlen. #kulturschock
Auf alle Fälle hat die
Klinik, was groß klingt, aber einfach nur Praxis bedeutet, einen positiven Eindruck auf mich gemacht. Das gesamte Personal hat gute Englischkenntnisse, es
gibt englische Zeitungen und Infobroschüren und ich wurde freundlich und
diskret behandelt.
Zur Behandlung selbst:
Nach dem Ausfüllen eines klassischen Patientenbogens wurde ich zuerst zum
Blutdruckmessen an den Empfangstisch gebeten, je nach Komplexität eures
Nachnamens wird man eher aufgeflüstert als aufgerufen, also Ohren spitzen!
Daraufhin wurde ich zur Arztin Frau Sung selbst gebracht, ich sollte ihr meine
Symptome aufzählen und etwaige Vorerkrankungen etc. Danach habe ich auf dem
Gang gewartet und eine Angestellte kam zu mir, um die geplanten Untersuchungen
und deren Finanzierung mit mir zu
besprechen.
Da meine letzte
Untersuchung knapp ein Jahr zurücklag wollten sie mir das Komplettpaket aufs
Auge drücken, samt STD-Test und haste nicht gesehen und ich hab das erstmal
abgenickt, da ich nicht wusste, wie mir geschah. Die Nullen stapelten sich auf
der Liste und ganz abgesehen von der Frage, ob meine
Auslandskrankenversicherung das wohl übernehmen würde, kamen Bedenken auf, ob
ich diese Summe überhaupt vorstreckend aufbringen könnte. Also bin ich nochmal
zum Tresen gehuscht und habe ausschließlich um den Test zur Diagnose meiner
Erkrankung gebeten. Kein Problem~
Zur Untersuchung selbst
wurde ich zuerst in ein kleines Bad neben dem Behandlungszimmer gebracht, ich
sollte „bitte nur den Unterkörper“ freimachen, den bereitgelegten Wickelrock
anlegen und mit den Slippern dort wieder herauskommen. (Uh,
Gratis-Slipeinlagen!) Ich fasse den Rest mal so zusammen: das Körperteil von
Belang wollte so ziemlich keiner sehen, es wurde alles getan, um mich so
schnell wie möglich zu bedecken, selbst die Ärztin wollte mir lieber ins
Gesicht sehen und hat nur ab und zu mal hinuntergeschielt. Soll mir ja Recht sein,
ein bisschen übertrieben kam es mir aufgeklärter und freidenkender Frau allerdings
doch vor.
Nach Wiederanlegung
meiner Kleidung wurden mir einem anderen Raum die Verläufe der drei
möglichen Krankheitsbilder, die ich haben könnte, erklärt: Ursachen, Symptome,
Behandlung, etc. Und da ich wohl einen sehr unschuldigen Eindruck gemacht habe
(haha), wurde ich direkt noch in die Grundlagen der Verhütung eingeführt. Ich
wollte nicht unhöflich sein und hab sie reden lassen... Kann ja nicht schaden. Anschließend wurde ich
mit einer Rechnung und einem neuen Termin versehen, bei welchem die
Testergebnisse besprochen werden sollten.
Die Kosten setzten sich
aus 60,000 Behandlungsgebühr und 170,000
für den Abstrich zusammen, insg. 230,000 Won. Wer schon mal mit der
Milieu-Balance zu kämpfen hatte, weiß, dass es langwidrig und hartnäckig sein
kann. So auch bei mir, ich war bis dato insgesamt fünf Mal in der Praxis und
habe insgesamt ca. 650,000 Won
für Behandlungen und Medikamente ausgegeben. ㅠㅠ
Eigentlich wollte ich bis
zum Abschluss der Behandlung mit dem Einsenden des Antrags auf Kostenerstattung
warten, aber da der immer noch nicht in Sicht ist und ich mich mittlerweile in
Unkosten gestürzt habe, werden es wohl mindestens zwei Anträge... Inzwischen
erkennen mich die Angestellten jedenfalls schon wieder und können sogar meinen
Namen richtig aussprechen.
Lernt aus meinen Fehlern,
Mädels! Die Moral von der Geschicht:
Wechsle deine Pille nicht!!
Und wenn doch was
passiert, beachtet:
-
Bittet um Rechnungen
auf Englisch
-
Keine
zusätzlichen Tests/Behandlungen aufschwätzen lassen, nur das Nötigste
-
Nicht zögern,
es wird von allein nicht besser
-
Nach
Abschluss der Behandlung um Patientenakte bitten (wichtig für den Gyn daheim!)
Ein abschließender
Gedanke: unabhängig von der Art der Klinik und Behandlung, die man bekommt, ist
es faszinierend, mit den Kosten und Zahlen hinter den Kulissen in Kontakt zu
kommen. Als Deutscher kennt man nur seine Versichertenkarte (`s Kärtsche in
Tübingen) und zahlt für seine Medikamente, aber darüberhinaus? Ich kann noch
nicht mal einschätzen, ob meine Behandlung in Deutschland genauso viel gekostet
hätte. Wahrscheinlich mehr. Oh Gott, diese Unsummen...
Liebe Grüße
Anonym
Dem Bericht füge ich noch hinzu: Ich bekam nie eine Rechnung auf Englisch (Augenarzt, Zahnarzt) trotz Nachfrage & warte immer noch darauf, dass meine tolle Auslandskrankenversicherung mir die Kosten zurück erstattet.
AntwortenLöschenNebenbei bemerkt sollte man immer klipp und klar nachfragen was gemacht wird und welche Kosten auf einem zukommen ( da sich diese schnell häufen) - also lieber mal einen koreanischen Freund/in mitnehmen! ;)
Danke für das Feedback zu dem Artikel. Der Tipp ist auch gut, jemanden mitzunehmen:)
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